
Nach Halbleitern setzt der Inselstaat auf eine neue Schlüsselindustrie: Drohnen. Dabei hat Taiwan im Wettbewerb mit autokratischen Ländern ein gutes Verkaufsargument – es ist eine Demokratie. Doch es gibt auch Stolpersteine.
Taiwan hat sich in den letzten Jahren zu einem der dynamischsten Zentren für Drohnentechnologie in Asien entwickelt. Was mit zivilen Projekten begann, hat sich zu einem strategischen Programm mit klaren sicherheitspolitischen Zielen ausgeweitet. Die Regierung sieht in unbemannten Fluggeräten eine logische Ergänzung zu ihrer Halbleiterstärke – und eine Antwort auf Chinas militärischen Druck.
Der Ukrainekrieg hat die Bedeutung von Drohnen eindrucksvoll vor Augen geführt. Kleine, günstige Geräte können große Wirkung entfalten, besonders in asymmetrischen Konflikten. Für Taiwan, das sich gegen einen weitaus größeren Nachbarn behaupten muss, ist das eine Lehre mit unmittelbarer Relevanz. Unter dem Dach des „Drone National Team“ hat Taipei deshalb ein Netzwerk aus staatlichen Forschungseinrichtungen, Start-ups und etablierten Unternehmen geschaffen. Ziel ist es, sowohl militärische als auch zivile Drohnen zu entwickeln, die unabhängig von chinesischen Zulieferketten sind.
Die Fortschritte sind bemerkenswert. Das staatliche Forschungsinstitut NCSIST produziert Aufklärungs- und Kampfdrohnen, während private Firmen wie Thunder Tiger oder DroneVision auf kommerzielle und dual-use-Anwendungen setzen. Die Regierung will bis 2028 über 3.000 Systeme an das Militär liefern, langfristig soll die jährliche Produktion auf über 100.000 Einheiten steigen. Gleichzeitig steigen die Exporte rasant – europäische Länder, die nach Alternativen zu chinesischen Produkten suchen, zeigen großes Interesse.
Ein zentraler Vorteil Taiwans im internationalen Wettbewerb ist seine politische Ordnung. Demokratien im Westen bevorzugen Partner, deren Lieferketten nicht unter der Kontrolle autoritärer Staaten stehen. Während chinesische Hersteller wie DJI weltweit Marktführer sind, werden ihre Produkte zunehmend mit Sicherheitsbedenken konfrontiert. Taiwan kann sich hier als „vertrauenswürdige Drohnenmacht“ positionieren – mit Transparenz, Datenschutz und demokratischer Kontrolle als Verkaufsargument.
Doch der Weg ist steinig. Viele Komponenten, etwa Batterien, Kameras oder Sensoren, stammen weiterhin aus dem Ausland. Das treibt die Kosten und erschwert eine schnelle Skalierung. Zudem fehlt es noch an einheitlichen Standards, Testgeländen und ausgebildeten Piloten. Auch innerhalb der Industrie gibt es Sorgen, dass staatliche Programme zu stark zentralisiert und bürokratisch sind, was Innovation hemmen könnte.
Hinzu kommt die geopolitische Unsicherheit: China betrachtet Taiwans wachsende Drohnenkompetenz als provokant. Schon jetzt mehren sich Berichte über chinesische Cyberangriffe und Desinformationskampagnen, die auf taiwanische Technologieunternehmen zielen. In dieser Hinsicht ist jede Drohne nicht nur ein Produkt, sondern auch ein Symbol – für Widerstandsfähigkeit und technologische Eigenständigkeit.
Trotz aller Hürden zeigt sich: Taiwan will nicht nur Halbleiter, sondern auch Drohnen zu einem Pfeiler seiner Zukunft machen. Der Inselstaat setzt auf Technologie, Offenheit und internationale Kooperation – und bietet damit eine glaubwürdige Alternative zu den autoritären Modellen seiner Nachbarn. Sollte es gelingen, die Produktions- und Lieferkettenprobleme zu lösen, könnte Taiwan nicht nur wirtschaftlich profitieren, sondern auch seine strategische Position entscheidend stärken.